3 Fragen an Joachim Linckelmann, pocket orchestra freiburg
Am Sonntag dürfen wir Igor Kamenz und das Pocket Orchestra Freiburg im Konzert erleben. "Rhapsody in blue" im Taschenformat. Wie kann sich das Publikum dieses eigentlich größer besetzte Orchesterwerk in Ihrem Format vorstellen?
Joachim Linckelmann: Es ist immer wieder für die Zuhörer überraschend festzustellen, wie sinfonisch fünf Bläser klingen können. Es sind ja nicht nur fünf Instrumente, sondern fünf verschiedene Instrumente, die eine Vielzahl an Klangfarben erzeugen können und eine hohe dynamische Bandbreite besitzen.
Im Falle der Rhapsody in Blue ist unsere Besetzung zusätzlich besonders passend, da die ursprüngliche Fassung von Gershwin ebenfalls für eine „Wind band“ geschrieben wurde.
Davon abgesehen würden mehr als ein Flügel und fünf InstrumentalistInnen auf der Bühne im Basler Hof auch gar nicht Platz finden ;-)
Sie haben mit Ihrem Ensemble u.a. Sinfonien von Mozart, "Bilder einer Ausstellung" von M. Mussorsky, "Peter und der Wolf" von S. Prokofiev, Ouvertüren von G. Verdi und G. Rossini, "Peer-Gynt"-Suite von E. Grieg und vieles mehr im Repertoire. Wie kam es dazu, dass Sie für ein Holzbläserquintett große Orchesterwerke bearbeiten und aufführen?
Das hat schon zu meiner Studienzeit in Würzburg begonnen. Mit unserem damaligen Bläserquintett wurde uns die Originalliteratur sehr bald zu begrenzt. Die ersten Werke für die Holzbläserquintett-Besetzung Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott stammen von Ende des 18. Jahrhunderts und nutzen bei weitem nicht die technischen Möglichkeiten moderner Instrumente. Aus der Romantik gibt es nur sehr wenige Quintette. Diese beiden Einschränkungen hatten mich dazu veranlasst, Orchester- sowie Klavierwerke zu bearbeiten. Auch die wundervolle Streichquartettliteratur, auf die wir Bläser durchaus immer wieder mit Neid blicken, blieb nicht unverschont, sodass wir in unserem Repertoire etwa auch Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ haben.
In den letzten Jahren kamen vermehrt auch Werke mit Gesang dazu (Schuberts „Winterreise“, Mahlers Lieder aus „Des Knaben Wunderhorn“), sowie ca. einstündige Kurzfassungen ganzer Opern für zwei SängerInnen und Ensemble (Zauberflöte, Carmen).
Auf welche Grenzen stoßen Sie beim Bearbeiten solcher Werke? Was wäre für das Pocket Orchestra Freiburg nicht spielbar - und auf welche Werke freuen Sie sich in der Zukunft am meisten?
Da würde ich als allererstes das Urheberrecht nennen. Ohne die Einwilligung der jeweiligen Rechteinhaber können wir nur Werke von Komponisten arrangieren, die schon länger als 70 Jahre verstorben sind. Um Missverständnisse zu vermeiden: Das ist keinesfalls eine Kritik am Urheberrecht, welches ich selbstverständlich unterstütze.
Die Rhapsody in Blue beispielsweise können wir in dieser Form erst seit 2007 spielen (ebenso die Bearbeitungen von Werken von Maurice Ravel, gleiches Todesjahr wie Gershwin).
Dann gibt es natürlich Werke, die entweder zu komplex sind, um sie mit nur fünf Instrumenten darstellen zu können (wie etwa „Sacre du printemps“ von Strawinsky) oder schlicht zu umfangreich. Rein tonsatztechnisch gesehen wäre es zum Beispiel kein Problem, Beethovens Neunte für Bläserquintett zu arrangieren. Das werden wir aber ganz sicherlich niemals machen, da nach eineinhalb Stunden durchgehenden Spielens den Bläsern die Lippen blutig herunterhängen und so die Zuhörer auch kein Vergnügen hätten.
Worauf ich mich freue bezüglich neuer Arrangements? Gerne mehr mit Gesang wie etwa weitere Opernprojekte.
Und dann freue ich mich auf das Jahr 2045, wenn Schostakowitsch „frei“ wird …
Konzert mit Igor Kamenz & dem pocket orchestra freiburg am So, 25.07.2021
Infos & Tickets 18:15 Uhr
Infos & Tickets 20:30 Uhr